"Nachhaltige, resiliente und klimafreundliche Ernährungssysteme sind der Schlüssel zur langfristigen, globalen Sicherung der Ernährung"

Rede von Bundesminister Cem Özdemir bei der 15. Agrarministerkonferenz im Rahmen des GFFA, 21. Januar 2023

Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede,

es ist mir eine große Ehre, Sie zur 15. Berliner Agrarministerkonferenz zu begrüßen. Sie ist Höhepunkt des Global Forum for Food and Agriculture. Ich freue mich besonders, dass so viele Vertreterinnen und Vertreter der Länder des globalen Südens heute in Berlin sind. Und dass Sie, liebe Kommissarin Sacko, heute als Vertreterin der Afrikanischen Union dabei sind. Denn unser Treffen ist dringender denn je.

Wir müssen etliche Krisen gleichzeitig meistern: Die Ernährungskrise. Die Klimakrise. Das Artensterben. Die COVID-19-Pandemie. Diese Krisen werden nochmals verstärkt durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, den ich – wie Sie alle wissen – auf das Schärfste verurteile. Wir stehen unverbrüchlich und solidarisch an der Seite der Ukraine. Ich freue mich, dass Du heute bei uns bist, lieber Mikola Solskyi.

Meine Damen, meine Herren,

dieser Krieg hat vor allem in den Ländern die prekäre Ernährungssituation noch verschlechtert, wo die Klimakrise schon jetzt ungebremst zuschlägt. Hunger und Fehlernährung waren schon vor dem Krieg da – er hat uns nur noch einmal verdeutlicht, wie verwundbar unsere Ernährungssysteme sind. Deshalb haben wir die Transformation unserer Ernährungssysteme ins Zentrum des diesjährigen GFFA gestellt. Denn nachhaltige, resiliente und klimafreundliche Ernährungssysteme sind der Schlüssel zur langfristigen, globalen Sicherung der Ernährung einer weiter wachsenden Weltbevölkerung.

So wichtig kurzfristige Nothilfe ist und bleibt – unser Ziel ist es, dass Menschen sich eigenständig ernähren können und das Menschenrecht auf angemessene Nahrung umgesetzt wird. Damit diese umfassende Transformation gelingt, habe ich Sie alle hierher eingeladen: Als die für Ernährung und Landwirtschaft verantwortlichen Ministerinnen und Minister; als Vertreterinnen und Vertreter der internationalen Institutionen, die engagiert im zivilgesellschaftlichen Raum gegen den Hunger und Fehlernährung kämpfen; aber auch als Stimme derjenigen, die schon jetzt besonders unter den multiplen Krisen leiden: die junge Generation, die Frauen, die Kleinbäuerinnen und Kleinbauern. Das GFFA gibt uns die Möglichkeit, den Kreis über die Länder der G7 und der G20 hinaus zu erweitern und unsere Diskussion breit aufzustellen. Und es gibt uns auch die Gelegenheit, den Blick zu weiten. Denn neben dem Krieg in der Ukraine dürfen und werden wir die vielen anderen Krisen auf der Welt nicht vergessen – ich möchte das ausdrücklich betonen!

Meine Damen, meine Herren,

wir alle wissen, dass uns nur noch sieben Jahre bleiben, um das zweite UN-Nachhaltigkeitsziel der Agenda 2030 "Kein Hunger" zu erreichen. Zu diesem Zweck müssen wir die Landwirtschaft vor Ort unterstützen – gerade in den Ländern des globalen Südens. Kleinbäuerliche Landwirtschaft ernährt schon jetzt die Hälfte der Welt. Wir müssen die Menschen, die diese Strukturen tragen, unterstützen und stärken – insbesondere den landwirtschaftlichen Nachwuchs und Frauen. Denn ohne gleichberechtigte Teilhabe von Frauen wird es keine nachhaltige Entwicklung geben. Wir müssen auch gemeinsam daran arbeiten, Nachernteverluste sowie Lebensmittelverschwendung und -abfälle bestmöglich zu vermeiden. Nach einer Studie der FAO könnten alle Menschen auf der Welt satt werden, wenn wir die Lebensmittelverschwendung und -abfälle um die Hälfte halbieren würden. Wer Hunger ernsthaft bekämpfen, Landwirtschaft bewahren und Ernährung dauerhaft sichern will, muss auch das Klima schützen und die biologische Vielfalt erhalten. Dafür brauchen wir eine kohärente, gut abgestimmte Politik auch über unsere Agrarressorts hinaus.

Meine Damen, meine Herren,

die Welt-Agrargemeinschaft ist unter dem Eindruck des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine enger zusammengerückt. Das hat unsere erfolgreiche Zusammenarbeit während der deutschen G7-Präsidentschaft im letzten Jahr gezeigt. So auch bei der Berliner Konferenz "Uniting for Global Food Security" im vergangenen Sommer. Und das haben auch die erfreulichen Ergebnisse der G20-Agrarministerkonferenz in Bali deutlich gemacht. Es ist uns mit der Ukraine gemeinsam gelungen, wesentlich mehr Getreide aus der Ukraine zu exportieren, als wir erwartet hatten – zum Beispiel über alternative Exportrouten. Dank unserer gemeinsamen Anstrengungen konnten sich die Weltmärkte wieder stabilisieren, beinahe auf Vor-Kriegsniveau.

Meine Damen, meine Herren,

lassen Sie uns an diese fruchtbare Zusammenarbeit anschließen. Der UN Food Systems Summit 2021 hat die Agenda 2030 und die Transformation zu nachhaltigen Agrar- und Ernährungssystemen als zentrale Bausteine für die globale Ernährungssicherung benannt. Mit dem diesjährigen GFFA knüpfen wir dort an, um gemeinsam tragfähige und praxistaugliche Lösungen zu entwickeln Mit unserem Kommuniqué senden wir ein klares Signal der Agrarministerinnen und Agrarminister: Wir gehen die Transformation der Ernährungssysteme entschlossen an. Und wir haben in unserem Kommuniqué klare und deutliche Worte zu dem Krieg und seinen Auswirkungen auf die Welternährung gefunden. Ich freue mich sehr auf einen konstruktiven Austausch mit Ihnen.

Erschienen am im Format Rede

Ort: Berlin


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