Wenn wir zusammenrücken, dann kriegen wir gemeinsame Lösungen hin.

Rede von Bundesminister Cem Özdemir auf der Kundgebung anlässlich der Agrarministerkonferenz in Büsum

Es gilt das gesprochene Wort!

Moin allerseits!

Ich freue mich, heute hier zu sein bei der Agrarministerkonferenz.

Ich will erstmal sagen, die Themen, die ihnen am Herzen liegen, ich sehe ja hier Krabbenfischerei und nachher bin ich kurz auf dem Kutter, zusammen mit Werner Schwarz, ihrem Landwirtschaftsminister aus dem schönen Schleswig-Holstein.

Wir sind gemeinsam, Länder und Bund, werden wir morgen zusammen hier tagen und ich kann schon mal vorwegsagen, ohne dass ich irgendwelche Staatsgeheimnisse verrate, dass wir, die Landesminister und ich als Bundesminister, gemeinsam auf einen Text geeinigt haben, der mir Rückendeckung gibt für meine Gespräche in Brüssel.

Ich glaube, dass das, was da drinsteht, entspricht ungefähr dem, was sie gerade eingefordert haben, nämlich das Thema Klimaschutz, Artenschutz, Schutz unserer Meere, aber gleichzeitig auch die Zukunft der Krabbenfischerei. Es soll kein Gegensatz darstellen, sondern gemeinsam vorangebracht werden.

Ich hatte Anfang der Woche ein Gespräch mit dem zuständigen Kommissar Sinkevičius und ich habe zwei Sachen gesagt: Deutschland unterstützt das Ziel, dass wir die Ozeane schützen müssen. Das ist doch klar. Ohne Fische gibt es keine Fischerei und damit kein Einkommen für die Fischerinnen und Fischer. Das wissen die Fischer an besten.

Gleichzeitig muss die Umsetzung aber so sein, dass es kein Pauschalverbot gibt, das dazu führen würde, dass die Krabbenfischerei hier keine Zukunft hat. Selbst ich als Nicht-Nordlicht weiß, als Baden-Württemberger, dass die Krabbenfischerei nicht nur eine Einkommensquelle für die Krabbenfischerei ist. Sie ist viel mehr als das. Sie ist Identität, sie ist wichtig für den Tourismus, sie ist ein Stück Heimat.

Darum werden wir die Verhandlungen so führen, dass die Krabbenfischerei auch in Zukunft gemeinsam gesichert werden kann. Da sind wir uns einig – Landesminister, Bundesminister. Mit dem Ziel verhandeln wir in Brüssel und sagen: Ja, Nord- und Ostsee müssen geschützt werden. Ja, wir müssen dafür sorgen, dass es auch in Zukunft Fischerei gibt, in dem wir nachhaltige Fischerei betreiben.

Wir wissen aber auch, die Bedrohung ist nicht nur durch Überfischung. Sie hat auch was mit Mikroplastik zu tun. Sie hat was mit Eutrophierung zu tun. Und über all diese Ursachen muss auch geredet werden.

Also in dem Sinne verhandeln wir mit Brüssel, dass die Schleppnetzfischerei nicht pauschal verboten werden kann, so dass es eine Zukunft für Krabbenfischerei gibt. Erster Punkt.

Zweiter Punkt, der wahrscheinlich vielen hier auch wichtig ist: Das Thema Sustainable Use Regulation (SUR) – auf Deutsch, die Pestizidreduzierungsstrategie. Auch da sind wir, glaub ich einig, Pestizide müssen wir reduzieren.

Gleichzeitig sage ich aber auch – (Zwischenrufe) wenn sie mir zuhören, dann erfahren sie, was wir verhandeln - die Umsetzung muss so erfolgen, dass wir dabei nicht übers Ziel hinausschießen.

Das, was in der Vorlage drin ist, kehrt alle über einen Kamm und das kann nicht richtig sein. Wir haben in Deutschland Gebietskulissen, die andere so nicht haben. Ich rede über die sensiblen Gebiete. Wenn die pauschal so reingenommen werden, dann haben wir Konsequenzen, die keiner wollen kann. Es muss auch in Zukunft in Deutschland Obstbau geben. Es muss auch in Zukunft Weinbau in Deutschland geben. Selbst die Biobauern wären davon betroffen. Also kann die SUR so nicht umgesetzt werden.

Mit dem Ziel verhandeln wir in Brüssel und da fangen wir nicht bei null an. Wir haben in Deutschland zum Teil einiges dazu erreicht. Das Prinzip kann nicht sein, dass die, die fleißig waren, die sich auf den Weg gemacht haben, dass die bestraft werden. Also muss das, was bislang schon geleistet wurde, Berücksichtigung finden.

Das Gute ist, es gibt Blaupausen auf die man zurückgreifen kann. Da sag ich auch ausnahmsweise was Positives über mein eigenes Bundesland. Sie wissen, dass wir in Baden-Württemberg mit dem Bienen-Volksbegehren einen großen Streit hatten und am Ende eine gute Lösung gefunden haben. Wo die Landwirtschaft und Naturschutz gemeinsam, so wie es sein soll, eine Lösung gefunden haben, wo beide Seiten gut mit leben können. Da können wir die Digitalisierung gut einsetzen. In dem Sinne wollen wir die SUR voranbringen

Dritter Punkt, der Umbau der Tierhaltung. Auch da ist klar, da wollen wir gemeinsam Bund und Länder, dass die Tierhaltung in Deutschland Zukunft hat. Auch da fangen wir nicht bei null an. Es gibt einen Bericht von der Borchert-Kommission. Den ich hier, glaub ich, nicht zitieren muss

Ich hätte mir gewünscht, dass damals, als die Borchert-Kommission kam mit ihrem Bericht – als es nicht die Inflation gab wie heute, als es nicht die Lebensmittelpreise gab wie heute, als die Staatseinnahmen ziemlich anders aussahen -, niemand hat die alte Regierung gehindert das entsprechend umzusetzen. Es ist nichts passiert, da nützt dieses Lamento jetzt nichts. Wir müssen jetzt eine Lösung dafür finden.

Wir sind gemeinsam dabei und ich hoffe, dass wir sehr bald das Ergebnis verkünden können, dass wir ein Paket machen, das beinhaltet, als erstes die Tierhaltungskennzeichnung, damit die Leistung der Bäuerinnen und Bauern, die sich auf den Weg gemacht haben die Tierhaltung umzubauen, auch Anerkennung finden über das Bundesprogramm. Mit einer Milliarde als Startprogramm beginnend bei den Schweinen. Warum bei den Schweinen? Weil da der Druck grad am höchsten ist und der Massentierhalter aufgibt.

Dazu gehört zweitens, das Baugesetzbuch. Damit die Umbauten überhaupt möglich werden.

Dazu gehört drittens, dazu brauchen wir die Länder, wir haben die Zusagen. Dafür bin ich dankbar, dass der Chef auf der AMK sich mit aller Kraft dahinter stellt. Die TH Luft damit es auch da keine Probleme mit Umweltseite gibt.

Schließlich brauchen wir ein Bundesprogramm, das eben nicht nur die Anschubfinanzierung macht. Das ist vielleicht eine der wichtigsten Aussagen von Borchert, dass auch die laufenden Kosten über einen Zeitraum von 10 Jahren mitfinanziert wird

Ich glaube, das ist ein gutes Paket, das sich sehen lassen kann. Unter schwierigsten Bedingungen, heute in den jetzigen Wirtschaftsbedingungen, das wir auf den Weg bringen wollen

Zum Schluss. Ich habe eine herzliche Bitte. Der Werner Schwarz war Mitglied in der Zukunftskommission Landwirtschaft. Er hat da einen großartigen Job gemacht mit den anderen Mitgliedern. Da haben wir was gemeinsam erreicht, nämlich, dass der alte Gegensatz: Landwirtschaft, Verbraucherschutz, Umweltschutz, Wissenschaft, dass der aufgelöst wird, indem alle sich ein Stück auf sich zu bewegen.

Meine herzliche Bitte wäre, dem fühle ich mich als Landwirtschafts- und Ernährungsminister verpflichtet: Lassen Sie uns den Konsens, der da erzielt wurde beieinander halten. Hören Sie nicht auf die, die Ihnen Versprechen, man kann wieder zurück zu den alten Wahrheiten von gestern. Dafür wird es keine Mehrheit in Deutschland geben.

Wenn wir aber zusammenrücken, dann kriegen wir gemeinsame Lösungen hin. Das ist das, wie ich meinen Amtseid verstehe. Eine Lösung für alle, das Verständnis Landwirtschaft, Verbraucherschutz, Umweltschutz Klimaschutz zusammenzubringen. Dass das geht, beweisen viele von Ihnen jeden Tag. Herzlichen Dank, dass Sie mir zugehört haben und jetzt übergebe ich an den Landwirtschaftsminister Werner Schwarz.

Erschienen am im Format Rede

Ort: Büsum


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