Sie stehen alle für zukunftsweisende Ideen im Stall und auf dem Feld.

Rede des Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft Cem Özdemir bei der Verleihung des Ceres Awards am 24. Oktober 2023 im Berlin

Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede,

Im vergangen Jahr durfte ich ja erstmals bei der Verleihung des Ceres-Awards dabei sein – und ich freue mich sehr, wieder bei Ihnen zu sein. Wir feiern heute auch das 10-jährige Jubiläum dieser tollen Veranstaltung! Herzlichen Glückwunsch und vielen Dank an alle, die diese Idee hatten und sie dann auch in die Praxis umgesetzt haben! Auszeichnungen wie der Ceres-Award erfüllen ja mehrere Funktionen zugleich. Zum einen würdigen Sie großartige Beispiele einer nachhaltigen Landwirtschaft in Deutschland. Zum anderen sind sie aber auch Ansporn in die Branche hinein. Es geht darum, denen eine Bühne zu geben, die Herausforderungen annehmen und anpacken – die nach zukunftsfähigen Lösungen suchen, die zeigen, was möglich ist!

Genau das habe ich hier vor rund einem Jahr erlebt. Ich war nachhaltig beeindruckt von den vielen neuen Ideen – und den kreativen Köpfen hinter diesen Ideen. Darum bin damals auch sehr gerne die gesamte Preisverleihung dabeigeblieben. Und ich hatte in den Wochen und Monaten danach auch immer wieder die positiven Beispiele vor Augen, wenn ich hier und da über die Probleme und Zukunft unserer Landwirtschaft diskutiert habe.

Die Bäuerinnen und Bauern, die hier in der Vergangenheit ausgezeichnet wurden und heute ausgezeichnet werden, haben nicht zuletzt eines gemeinsam: Sie erkennen, dass sich die Rahmenbedingungen verändern, etwa durch die Klimakrise, durch ein Bedürfnis nach mehr Transparenz oder durch veränderte Essgewohnheiten – und dann passen sie sich und ihr Geschäftsmodell diesen Veränderungen an, um weiterhin erfolgreich zu sein. Sie passen sich den veränderten Märkten nicht einfach nur an, sondern geben – gemeinsam mit den Verbraucherinnen und Verbrauchern – den Märkten selbst eine neue Richtung hin zu Nachhaltigkeit als Erfolgsmodell. Und ich muss das unumwunden zugeben: Da ist die Vernunft der Praxis der Vernunft der Politik manchmal mehr als nur einen Schritt voraus – und übrigens auch dem einen oder anderen allzu leicht gestrickten Kommentar hier und da in der Agrarpresse.

Wie man Landwirtschaft zukunftsfest denken und machen kann, das habe ich vor Kurzem auf dem Hof von Benedikt Bösel gesehen, dem noch amtierenden Landwirt des Jahres. Vielen Dank, lieber Benedikt, dass ich Dich zum diesjährigen Erntedankfest in Brandenburg besuchen durfte. Du hast mir viel Deiner wertvollen Zeiten geschenkt und spannende Einblicke in Deine Arbeit gegeben – und dabei auch gezeigt, wie Du Veränderungen anpackst und umsetzt. Du hast mir aber auch deutlich gemacht, wo der Schuh drückt – und zwar nicht nur bei Dir, sondern bei allen Bäuerinnen und Bauern. Es ist ein Thema, das mir auf all meinen Hof-Besuchen begegnet: Ich spreche von der zunehmenden Bürokratie auf den Betrieben.

Es ist wahrlich kein einfaches Thema, wo die Lösung quasi auf der Straße liegt. Und wenn wir ehrlich miteinander sind: Egal, wer bislang politische Verantwortung getragen hat, da hat bisher noch niemand den gordischen Knoten durchschlagen können. Es ist ein Gezerre verschiedener Interessen, aber Politik kann sich hinter diesem Gezerre eben nicht verstecken – wir müssen endlich zu Lösungen und Vereinfachungen kommen. Deshalb habe ich das Thema Bürokratieabbau in der Landwirtschaft in meinem Ministerium oben auf unsere politische Agenda gesetzt. An den Ergebnissen müssen wir uns auch messen lassen.

Klar ist: Ich möchte, dass unsere Landwirtinnen und Landwirte am Ende des Tages nicht mehr Zeit im Büro verbringen als auf dem Schlepper, im Stall oder auf dem Acker – dort, wo sie unser täglich Brot ermöglichen.

Apropos Büro: Dort sitzen natürlich auch die Männer, aber nicht selten eben die Frauen, die entscheidend mit dazu beitragen, dass ein Hof läuft. Man muss es klipp und klar feststellen: Ohne Frauen geht in der Landwirtschaft gar nichts, auch wenn das nicht immer jedem sofort ins Auge springt. Was die gesellschaftliche und politische Wertschätzung der Arbeit der Frauen angeht, ist noch spürbar Luft nach oben! Übrigens auch bei der Einbindung in strategische und strukturelle Entscheidungen auf den Höfen. Unsere LandFrauen-Studie ist in dieser Hinsicht ganz sicher mehr als bloße Statistik – sie ist ein klarer Handlungsauftrag! Frau Schulze Bockeloh und Frau Steinbock, seien Sie versichert, Sie haben mich da als aktiven Mitstreiter an Ihrer Seite!

Liebe Finalistinnen und Finalisten,

ich drücke Ihnen bei den anstehenden Preisverleihungen die Daumen. Gewinnerinnen und Gewinner sind Sie schon jetzt, denn sie liefern neue Impulse und treiben Veränderungen an. Das gilt für den seit Generationen existierenden Hof genauso wie für den Quereinsteiger. Sie stehen alle für zukunftsweisende Ideen im Stall und auf dem Feld. Sie entwickeln neue Geschäftsmodelle, sind kreativ und wollen wirtschaftlich erfolgreich sein. Dabei legen Sie aber viel Wert auf eine Landwirtschaft im Einklang mit Natur, Umwelt und Klima. Sie zeigen, wie wir nachhaltig und regional produzieren und auch Energie erzeugen können. Viele von Ihnen schaffen bei ihrer Arbeit eine direkte Verbindung zu Verbraucherinnen und Verbrauchern. Das ist gerade dann wichtig, wenn selbst Dorfkinder drohen, den natürlichen Bezug zur Landwirtschaft zu verlieren. Dann brauchen wir kommunikative Leuchttürme, die die Distanz zwischen Konsument und Erzeuger, zwischen Teller und Acker wieder verringern können. Erst recht, wenn man bedenkt, dass wir immer weniger Höfe haben, die das Bild der Landwirtschaft von heute zeichnen können.

Jetzt bin ich gespannt, wer heute ausgezeichnet wird. So wie ich Benedikt Bösel besucht habe, biete ich der Siegerin oder dem Sieger des Ceres Awards gerne an, zu einem Hofbesuch vorbeizukommen. Ich hoffe, das wird jetzt als Angebot und nicht als Drohung verstanden. Ich wünsche Ihnen allen heute Abend viel Erfolg, uns einen gelungenen Abend und freue mich später auf den Austausch mit Ihnen.

Vielen Dank!

Erschienen am im Format Rede

Ort: Berlin


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