Ich finde, es ist gelebte Demokratie, dass man sich der Debatte stellt

Rede des Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft Cem Özdemir vor dem Deutschen Bundestag am 13. Dezember 2023

Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede,

Vor drei Wochen war ich auf dem Deutschen Fleischkongress in Mainz. Dort waren circa 500 Vertreter der Fleischindustrie, von den großen Schlachtern bis zu den kleinen Handwerkern. Ich habe dort einen Abend mit sehr spannenden Diskussionen, kritischen, aber auch wertschätzenden Gesprächen verbracht. Das Schöne ist: Es gab eine große Einigkeit, dass kein Segen darin liegt, dass man übereinander spricht statt miteinander; dass man einander zuhören muss und dass wir nur im gemeinsamen Gespräch zu guten Lösungen kommen. Ich habe aber nicht nur mit den Anwesenden diskutiert, sondern auch mit denen, die vor der Halle gegen den Fleischkongress protestiert haben, darunter auch Organisationen, in denen ich selber Mitglied bin. Ich finde, es ist gelebte Demokratie, dass man sich der Debatte stellt. Nur so gelingt es uns, Gräben zuzuschütten und sie nicht weiter zu vertiefen.

Auch beim Fleischkongress wurde deutlich, dass sich die Märkte längst umgestellt haben beziehungsweise bereit sind, sich auf das veränderte Konsumverhalten umzustellen. Dazu gehört der abnehmende Fleischkonsum unserer Bürgerinnen und Bürger. So gab es bei dem Thema Fleischkonsum – man höre und staune! – einen eigenen Programmpunkt zum Thema Fleischalternativen, und zwar nicht, weil der Landwirtschaftsminister vorbeigeschaut hat, sondern weil die Unternehmen darin Geschäftsfelder sehen. Während also einige den Kulturkampf "pro und contra Fleisch" herbeireden wollen, sorgen in der Realität die Verbraucherinnen und Verbraucher sowie die Unternehmer selbst dafür, dass sich Märkte neu orientieren und sich auf Veränderungen einlassen. Das ist gelebte Marktwirtschaft, wie ich sie toll finde.

Darum unterstützt die Bundesregierung alle, die sich auf den Weg der Veränderung machen wollen, einerseits mit der Weiterentwicklung der Tierhaltung, andererseits mit unserer Eiweißstrategie; Hauptsache – sehen Sie es mir nach, dass ich das als deutscher Landwirtschaftsminister sage –, es findet möglichst viel Wertschöpfung bei uns im Land statt. Deshalb freut es mich, dass sich die Betriebsergebnisse unserer Höfe in den vergangenen beiden Jahren insgesamt so positiv entwickelt haben.

Wir müssen aber auch dafür sorgen, dass die regionale Kreislaufwirtschaft gestärkt und regionale Wertschöpfungsketten durch gutes Fleisch aus Deutschland ermöglicht werden. Diese Bundesregierung hat in den vergangenen zwei Jahren hart daran gearbeitet. Mit der Einführung des staatlich-verbindlichen Tierhaltungskennzeichens haben wir einen großen Schritt in diese Richtung gemacht. Die Kennzeichnung schafft Transparenz für unsere Verbraucherinnen und Verbraucher, sie macht aber gleichzeitig auch die Leistungen unserer Landwirte für Tierschutz sichtbar. Unser Ziel ist es, unseren tierhaltenden Betrieben eine verlässliche Perspektive zu geben. Dazu fördern wir ab dem kommenden Jahr eine zukunfts- und krisenfeste Tierhaltung mit mindestens einer Milliarde Euro als Anschubfinanzierung. Wir fördern nicht nur Investitionen, sondern unterstützen darüber hinaus auch bei den laufenden Kosten.

Jüngst auf den Weg gebracht haben wir zudem unsere Bio-Strategie. So wollen wir die notwendigen Rahmenbedingungen für den Ausbau des Ökolandbaus als besonders umwelt- und ressourcenschonende Bewirtschaftungsform stärken. Wir haben alle im Blick, egal ob bio oder konventionell, ob Acker-, Gemüse-, Obstbau oder Tierhaltung.

Eines ist mir zum Schluss kurz vor den Feiertagen noch besonders wichtig – und ich nehme an, ich spreche im Namen von allen –: Wir wissen, dass unsere Landwirtinnen und Landwirte durch ihre harte Arbeit übers Jahr dafür sorgen, dass wir in der Weihnachtszeit viele kulinarische Köstlichkeiten genießen können. Weihnachten ist eben auch Landwirtschaft.

Herzlichen Dank.

Erschienen am im Format Rede

Ort: Berlin


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